Im Wald sein ist gesund und erholsam. Mit Anleitung gelingt es noch besser, befreit durchzuatmen und zu entspannen

Waldbaden? Shinrin Yoku?
Im-Wald-Sein ist einfach und macht Spaß!

Waldbaden und Shinrin Yoku, zwei Begriffe, die immer häufiger durch die bunten Blätter geistern. Soll ich mit Badehose durch den Wald laufen oder in einen kalten Waldsee springen oder was ist da gemeint?

Im-Wald-Sein mit allen Sinnen

Des Rätsels Lösung ist ganz einfach: Shinrin Yoku kommt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie Baden in der Waldluft. Daher auch die deutsche Übersetzung Waldbaden. Nach japanischem Verständnis geht es darum, mit allen Sinnen in die Atmosphäre des Waldes einzutauchen, sich zu entspannen und die gesunde Waldluft einzuatmen. Nach amerikanischem Verständnis kommt beim Forest Bathing noch ein weiterer Punkt dazu: Der Aufenthalt im Wald soll das Band zur Natur wiederherstellen oder stärken. Das funktioniert am besten, wenn man sich achtsam auf die Waldumgebung einlässt und sie bewusst wahrnimmt. Shinrin Yoku Guides öffnen die Tür zum individuellen Walderlebnis. Doch bleiben wir zunächst in Japan.

Shinrin Yoku in Japan

Prof. Dr. Qing Li, Umweltmediziner an der Nippon Medical School und Pionier der Shinrin-Yoku-Forschung hat bereits vor vielen Jahren in seinem Standardwerk zur Waldmedizin eine Kurzanleitung verfasst. Er gibt folgende Tipps für ein individuelles Shinrin-Yoku-Erlebnis. Seine Anleitung beruht auf reichhaltigen Studienergebnissen seiner Forscherteams: 

  • Machen Sie einen Plan, der Ihren eigenen körperlichen Fähigkeiten entspricht und vermeiden Sie es, sich zu überfordern.
  • Haben Sie einen ganzen Tag Zeit, dann bleiben Sie etwa vier Stunden im Wald und legen Sie etwa fünf Kilometer zurück.
  • Wenn Sie nur einen halben Tag Zeit haben, dann bleiben Sie zweieinhalb Stunden dort und gehen etwa zweieinhalb Kilometer.
  • Legen Sie Pausen ein, wenn Sie sich müde fühlen.
  • Wenn Sie durstig sind, trinken Sie Wasser oder Tee.
  • Finden Sie einen Ort, den Sie mögen und lassen Sie sich eine Weile dort nieder. Lesen Sie etwas oder genießen Sie die Landschaft.
  • Wenn möglich, baden Sie nach dem Waldausflug in einer heißen Quelle.
    (Weil wir hier keine Onsens haben, nehmen wir einfach mit einem Thermalbad oder der heimischen Badewanne vorlieb.)
  • Wählen Sie einen Waldweg aus, der zu Ihren Bedürfnissen passt.
  • Wenn Sie Ihr Immunsystem und die Aktivität Ihrer NK-Zellen ankurbeln wollen, ist ein dreitägiger Ausflug mit zwei Übernachtungen empfehlenswert.
  • Falls Sie einfach entspannen und Stress abbauen möchten, ist ein Tagesausflug in einen Wald in Ihrer Umgebung ratsam.
  • Waldbaden ist eine vorbeugende Maßnahme, um gesund zu bleiben. Wenn Sie sich krank fühlen, suchen Sie einen Arzt auf.

Prof. Dr. Qing Lis Empfehlungen für die Dauer der Waldaufenthalte und das Ausmaß der körperlichen Aktivität beruhen auf seinen richtungsweisenden Forschungsarbeiten. Er führte ursprünglich dreitägige Shinrin-Yoku-Feldexperimente mit zwei Übernachtungen durch, um den Anstieg der Anzahl und der Aktivität der natürlichen Killerzellen und anderer wichtiger Bestandteile des Immunsystems nachzuweisen. Es gibt aber auch Experimente, bei denen nach einem eintägigen Waldaufenthalt positive Wirkungen auf das Immunsystem festgestellt wurden. Gute Ergebnisse wurden zudem z.B. bei Patienten mit Diabetes oder Bluthochdruck erzielt. Wer sich näher für die vielen positiven Gesundheitseffekte des Waldbadens interessiert, wird hier fündig und kann sich in unterhaltsamer und gleichzeitig fundierter Art und Weise über alles Wichtige rund ums Waldbaden, Shinrin Yoku und IM-WALD-SEIN informieren.

Shinrin Yoku in Japan. Relaxen und durchatmen bei einem entspannten Spaziergang auf einer typischen Forest Therapy Road

Forest Bathing in Amerika

In Amerika interpretiert man das Forest Bathing, also das Waldbaden, fundamentaler. Amos Clifford, Gründer der US-amerikanischen Association of Forest & Nature Therapy, ANFT, der wohl führenden Vereinigung zur Ausbildung von Forest Therapy Guides, verfolgt einen weitergehenden Ansatz. Neben den unmittelbaren Gesundheitswirkungen des Im-Wald-Seins, die unter anderem durch das Einatmen der gesundheitsfördernden bioaktiven Substanzen der Bäume im Wald und durch die einzigartige Atmosphäre des Waldes erzielt werden, kommt es ihm auf Folgendes an:

„Der Waldtherapie, wie wir sie begreifen, geht es darum, die richtigen Beziehungen zwischen Mensch und Natur wiederherzustellen. So gesehen sind Wälder nicht nur eine Kulisse mit schönen Wegen, Wälder sind ein Ort, an dem viele unserer nicht menschlichen Verwandten leben: Tiere, Pflanzen, Wasser, Bäume und Steine. Wenn wir uns an unsere Verwandtschaft mit diesen Wesen erinnern, wenden wir uns unserem ökologischen Selbst zu. Das ist tiefgreifend heilend.

Das „Erinnern“, von dem ich spreche, wird nicht durch Nachdenken oder Studieren erreicht. Es entsteht dadurch, dass wir unseren Körper und unsere Sinne verlangsamen und das wahrnehmen. Der Wald berührt uns ständig in vielerlei Hinsicht und bietet uns oft Vergnügen, wie die sanfte Berührung einer Brise. Er ist auch real und fordert uns heraus, bewusst und klug zu sein, damit wir nicht verletzt werden. Wenn wir im Wald vollständig präsent sind, erkennen wir mühelos, dass wir dorthin gehören.“

Die Effekte sind, so Amos Clifford in einem Gespräch mit Dr. Melanie H. Adamek, transformierend: „Teilnehmer berichten uns oft, dass sogar ein einziger dreistündiger Spaziergang transformierend für sie war. Die gesammelten Erfahrungen beziehen sich zum Beispiel auf die Linderung von chronischen Schmerzen und anderen körperlichen Störungen. Menschen berichten auch, dass sie mithilfe unseres Angebots Klarheit gewinnen konnten über wichtige Lebensentscheidungen oder ein dauerhaft entspannteres Lebensgefühl.“

Waldbaden in Deutschland

Waldbaden wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz immer mehr zum Trend. Es gibt schon einige Shinrin-Yoku-Trainer*innen, Trainer*innen für Waldbaden oder Waldbademeister*innen. An der LMU München arbeitet man an einem zertifizierten Lehrgang zum Waldgesundheitstrainer und Waldtherapeuten, der in Zusammenarbeit mit der Ärztegesellschaft für Präventionsmedizin und klassische Naturheilverfahren Kneippärztebund e.V. in Bad Wörishofen ab 2019 angeboten werden soll.

Waldbaden mit Anleitung: Den Wald mit allen Sinnen entdecken, z.B. einfach den federnden Waldboden spüren. Wunderbar! Mit Im-Wald-Sein-Audioguide noch leichter

Wer ein terminunabhängiges Waldbad im Sinne des japanischen Shinrin Yoku nehmen möchte und nach unkomplizierten Übungen sucht, kann es mit einem neuen, innovativen Audioguide-Programm versuchen. Achtsamkeits- und Entspannungstherapeutin Anja Römer begleitet Waldbesucher*innen mit ihrer Stimme durch den Wald oder auch durch einen baumreichen Park. Mit einfachen Übungen und Anregungen, die uns befreit atmen und die einzigartige Atmosphäre des Waldes wahrnehmen und erkunden lassen: Shinrin-Yoku-basiert kann man den Wald (wieder-)entdecken, allein oder mit Familie und Freunden Spaß haben und viel für sein tägliches Leben mitnehmen. Wann, wo immer und wie lange man möchte.

Dazu Dr. Melanie H. Adamek, Herausgeberin und Co-Autorin des Im-Wald-Sein Audioguides: „Das Konzept des Im-Wald-Sein Audioguides habe ich auf Grundlage meiner Erfahrungen in Japan entwickelt. Denn jeder einzelne von uns soll die Möglichkeit bekommen, den Wald auf neue Art und Weise zu erfahren. Als Ort, an dem Gesundheit schlummert, der uns entspannen lässt, ohne Hetze und Druck. Erhobene Zeigefinger mag ich ebenso wenig wie esoterischen Hokuspokus. Im Wald zu sein ist etwas ganz Natürliches, es ist spannend und entspannend zugleich und sehr inspirierend. Leichte, unaufdringliche Übungen und Anregungen helfen dabei, die Heilkraft des Waldes in sich aufzunehmen. Genau das habe ich bei meinem Forest Medicine Training bei Prof. Dr. Qing Li in Japan erlebt. Und Anja Römer bringt es mit ihren Einladungen und vor allem mit ihrer wunderbaren Stimme auf den Punkt.

Waldbaden mit Anleitung: Was bringt es?

Mit einem Im-Wald-Sein-Erlebnis tut man sich persönlich etwas Gutes und mit Begleitung können viele noch besser entspannen und Stress loslassen. Der Schlüssel liegt darin, im Hier und Jetzt zu sein und aus dem Gedankenkarussel auszusteigen, das wir oft in den Wald mitnehmen. Der Lohn: Eine Auszeit vom Alltag, die Körper, Geist und Seele erfrischt. Jede einzelne Körperzelle wird es einem danken. Und es reicht schon, wenn man vielleicht einmal im Monat für einige Zeit im Wald ist. Wichtig ist es am Ball zu bleiben.

Denn mit  jedem weiteren Im-Wald-Sein-Erlebnis öffnet man seine Sinne zwanglos für weitere Erlebnisse, weil man von Mal zu Mal besser wissen wird, was einem wirklich Freude und Wohlbefinden bereitet. Unschwer wird sich ganz automatisch das Band zwischen sich selbst und der Natur (wieder) verstärken. Leistungsdruck und Fremdbestimmtheit, Beschleunigung und Entfremdung, sinnlose Rastlosigkeit und ständige Erschöpfung verlieren sich von selbst, wenn man hin und wieder in den Wald eintaucht. Es kommt nur darauf an, loszulegen.

Was macht das Waldbaden so gesund?

Zwei entscheidende Wirkungswege, wie Waldaufenthalte zu einer Steigerung der Immunfunktion führen, gelten als belegt. Erstens nehmen die chemischen Bestandteile des Waldes, die Phytonzide und Terpene, direkt einen positiven Einfluss auf die Zellen des Immunsystems und zweitens reduzieren Waldumgebungen Stress.

Waldbaden? Shinrin Yoku? Im-Wald-Sein! Das Buch für jeden, der an Gesundheit und Wald interessiert ist von Dr. Melanie H. Adamek

Dr. Michiko Imai, Ärztin und Vorsitzende der INFOM, fasst die erwiesenen Wirkungen des Shinrin Yoku wie folgt zusammen:

  1. Waldbaden verringert die Konzentration von Stresshormonen in Blut, Speichel und Urin.
  2. Es reduziert die Aktivität des Sympathikus und erhöht die parasympathische Aktivität.
  3. Es senkt den Blutdruck und die Pulsfrequenz.
  4. Es reduziert die Anspannung und wirkt psychisch entspannend.
  5. Es erhöht die Anzahl der natürlichen Killerzellen.
  6. Es erhöht die Aktivität der natürlichen Killerzellen.
  7. Es erhöht Anti-Krebs-Proteine in natürlichen Killerzellen.
  8. Es stärkt die menschliche Immunfunktion.

Andere Forschungen belegen, dass Shinrin Yoku besonders Diabetikern hilft. Prof. Dr. Yoshinori Ohtsuka erforschte die Auswirkungen des Shinrin Yoku auf Typ-2-Diabetiker, indem er bei 48 teilnehmenden Probanden den Blutzuckerspiegel untersuchte. Das Experiment ging über sechs Jahre, in denen neunmal Shinrin Yoku praktiziert wurde. Entsprechend den körperlichen Fähigkeiten und gesundheitlichen Voraussetzungen legte ein Teil der Probanden 5.000 Schritte in 30 Minuten, der andere Teil 10.000 Schritte in 60 Minuten im Wald zurück. Beide Maßnahmen trugen gleichermaßen dazu bei, die erhöhten Blutzuckerspiegel deutlich zu senken und auf den Schwellenwert für eine Diabetesdiagnose zu reduzieren.

Auch bei Bluthochdruck erweist sich Shinrin Yoku als wirksam: Ein aktueller systematischer Review überprüfte 20 Studien mit 732 Teilnehmern, um präventive oder therapeutische Effekte von Waldaufenthalten auf den Blutdruck zu untersuchen. Es wurde nachweisen, dass Shinrin Yoku zu einer signifikanten Senkung sowohl des systolischen wie auch des diastolischen Blutdrucks führt.

Waldbaden in Form des Shinrin Yoku ist darüber hinaus bei einer Reihe von Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen wirksam: Der Integrativ-Mediziner Prof. Dr. Byeongsang Oh von der Sydney Medical School identifizierte sechs randomisierte kontrollierte Studien, RCTs, als besonders aussagekräftig. Sein Schluss: Waldtherapie spielt eine wichtige Rolle in der Gesundheitsförderung. Die untersuchten Studien mit insgesamt 323 Probanden aus China, Korea und Schweden konnten übertragbare positive Effekte von Waldaufenthalten auf Gesundheit und Wohlbefinden der Teilnehmer nachweisen. Auf physiologischer Ebene zeigte sich ein positiver Einfluss auf den Blutdruck, das Immunsystem, bestimmte Entzündungswerte, den oxidativen Stress, die Herz-Lungen-Funktion sowie auf Stresshormone. Auf psychologischer Ebene verbesserten sich Angstzustände und Depressionen sowie das Stimmungsprofil der Studienteilnehmer.

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der Forschung, weitere Details sind im Buch „IM-WALD-SEIN. Die natürliche Antwort auf Psychostress und Zivilisationskrankheiten“ zusammengefasst. Außerdem kommen Menschen zu Wort, die es selbst ausprobiert haben. In einem wissenschaftlich inspirierten und fachkundig ausgewerteten Waldbaden-Experiment zeigte sich, dass das Immunsystem deutlich profitiert hat.

Ab in den Wald!

Egal zu welcher Jahreszeit, der Wald ist immer ein Erlebnis. Faszinierend einfach und faszinierend schön. Mit Anja Römer wird es noch schöner. Vielleicht so schön, dass man es gern in einem Erlebnistagebuch festhalten möchte.

Quellen

Shinrin-Yoku-Tips von Prof. Dr. Qing Li aus: Forest medicine, Public Health in the 21st Century, E-Book, 2012, ISBN 9781614709824, S. 6, Bestelladresse

Amos Clifford über Waldtherapie, Dr. Michiko Imai über Shinrin Yoku sowie zitierte Studien aus: IM-WALD-SEIN. Die natürliche Antwort auf Psychostress und Zivilisationskrankheiten. Entdeckung eines Präventionskonzepts; Körperliches Wohlbefinden. Geistige Entfaltung. Seelisches Gleichgewicht. Waldbaden praktisch erprobt!, Dr. Melanie H. Adamek, 978-3-936798-17-3, Bestelladresse: Im WALD SEIN oder bei Amazon